Blick vom Alphubel4206 m zum Monte Rosa
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Rosengarten, Dolomiten
Das Runde, in einem Kreis gedachte Erleben einer Klettertour
Damit sind die einzelnen Abschnitte einer Tour, wie der Zustieg, die Kletterei,
der Ausstieg oder Gipfel und der Abstieg über einen anderen Weg als es
der Aufstieg bot, mit der Rückkehr zum Ausgangspunkt gemeint. Werden
diese einzelnen Abschnitte zusammengefügt, entsteht eine kreisförmige
Bewegung.
Im Gegensatz hierzu würden die lineare Bewegung, das lineare
Erleben stehen. Damit gemeint sind der Zustieg, die Kletterei bis zum
höchsten Punkt. Es folgt das Abseilen über die Klettertour zum
Einstieg. Der weitere Abstieg leitet über den Zustiegsweg zum
Parkplatz. Folgt man dieser Bewegung, die man ausgeführt hat, nach,
so ergibt sich eine lineare Auf- und Ab- Bewegung. Diese Bewegung ist
beim Sportklettern üblich, hat sich aber auch auf alpine Wände
übertragen.
Der Unterschied in der Erlebnisqualität dieser Bewegungen und ihre Wirkung
auf den Menschen ist enorm, doch meist unbewusst. Um den Unterschied zu
verdeutlichen, hat Heinz Grill eine Übung gegeben. Hierzu werden die Arme
verwendet, welche die Bewegungen nachzeichnen.
Übung: Die Übung kann im Sitzen oder Stehen ausgeführt werden. Richten Sie
die Wirbelsäule sanft auf, damit eine bessere Aufmerksamkeit erfolgen kann.
Die Beschreibung der Linie: Halten Sie die rechte Hand mit der Handfläche
nach unten auf der Höhe des Nabels. Führen Sie die Hand in einer geraden,
langsam aufsteigenden Linie über den Kopf und wieder zurück. Führen Sie
diese Auf– und Ab- Bewegung öfters hintereinander aus mit der Überlegung,
was für eine Empfindung dabei entsteht. Die Linie, hier von einem tieferen auf
ein höheres Niveau, beschreibt eine Strecke. Sie ist mit dem Beginn (beim
Parkplatz) und dem Endpunkt (Ausstieg , Gipfel, Umlenkhaken) begrenzt. Die
Strecke beschreibt auch eine Polarität, wie „tief“ und „hoch“. So wird auch ein
Empfinden von einer begrenzten Bewegung entstehen.
Die Beschreibung des Kreises: Die linke Hand befindet sich auf der Höhe des
Nabels. Zeichnen Sie die Form eines Halbkreises nach links, dessen höchster
Punkt über dem Kopf ist, nach (Ausstieg, Gipfel). Hier berühren sich der linke
und der rechte Zeigefinger. Die rechte Hand vervollständigt den Kreis, indem
sie halbkreisförmig wieder oberhalb des Nabels (Parkplatz) zurückgeführt wird.
Führen Sie auch diese Bewegung öfters aus. Man kann sich dabei an die
einzelnen Abschnitte einer Tour zurückerinnern. Wenn sich der Kletterer oder
Bergsteiger diese Bewegung des Kreises vergegenwärtigt, kann ein Fühlen
entstehen, das ich mit „wie eingebunden sein in ein Ganzes“ bezeichnen
möchte. Der Kreis beschreibt eine Linie ohne Anfang und Ende. Er ist auch ein
Symbol für das Unendliche, das Geschlossene, für das Unvergängliche.
So wie sich bei dieser Übung unterschiedliche Eindrücke ergeben, so kehrt der
Kletterer, je nachdem welche Gesamtbewegung er ausgeführt hat, mit
unterschiedlichen Eindrücken zurück.
Wie kann man diese einzelnen Abschnitte des Kreises erleben? Beim Aufbruch
herrscht eine Stimmung der Vorfreude bis spannenden Erwartung. Aber auch
Ungewissheit, was die bevorstehende Tour verspricht, kann durchklingen. Das
Gehen am Zustiegsweg lässt endlich zur Tat schreiten und dem Ziel
näherkommen. Am Einstieg angelangt, folgt die Kletterei. Sie bildet den
Hauptteil. Es ist jener Teil, für den man die Tour überhaupt geplant hat. Hier
angekommen, verlässt man den sicheren Boden der Horizontalen und begibt
sich in die aufregende und spannende Vertikale. Durch die exponierte, schnell
auch die Existenz bedrohende Lage ist die ganze Aufmerksamkeit auf die
Gegenwart, das Hier und Jetzt gefordert. Es liegen emotionale Höhen, wenn
zum Beispiel in einer etwas schwierigeren Stelle ein schöner großer Griff zu
erreichen ist, und Tiefen, wenn an einer schwierigen Stelle, wo man sich
schon an der Sturzgrenze bewegt und kein guter Griff in Aussicht ist, nahe
beieinander. Dies so lange, bis der Gipfel oder Endpunkt, und damit wieder
die vertraute Horizontale erreicht ist. Der Alltag mit seinen Sorgen blieb in
den einzelnen Seillängen weit zurück. Es kann ein Gefühl des
Angekommenseins entstehen. Dazu schenkt der weite Blick über das Tal
einen Moment der inneren Ruhe und Einkehr.
Nach den gewonnenen Erfahrungen und intensiven Eindrücken und Erlebnissen
erfolgt der Abstieg. Meist ist er weniger anstrengend als die anderen beiden
Teile einer Tour. Er bildet den Ausklang. Es ist aber auch die Rückkehr zu den
Aufgaben und Anforderungen des Alltages. Beim Auto angekommen, kann man
sich wohl des Eindrucks nicht verwehren, ein „anderer“ geworden zu sein. Man
kann sich mit sich selbst, mit der Natur, aber auch mit dem Nächsten verbunden
fühlen. Dieses heutzutage wohl sehr seltene Gefühl des Sich-Verbunden-
Fühlens, der Nähe zu sich selbst und zum Nächsten schenkt dem Menschen eine
innere Ruhe, Ausgeglichenheit, Entspannung und Regeneration.
Beim Klettern liegt die Versuchung nahe, den Schwerpunkt eines Unternehmens
auf den Genuss oder Schwierigkeitsgrad einer Kletterei zu beschränken. Damit
beraubt man sich aber des Gesamterlebens, das eine Klettertour ermöglicht.
Meist unbewusst sucht der alpinistisch geprägte Kletterer dieses Gesamterleben
und die Verbindung zum Berg. Gerade beim Abstieg lernt man einen Berg oder
Wandabschnitt von einer ganz anderen Seite kennen. Es kann sich dabei der
Eindruck, den man während des Kletterns in der Wand gewonnen hat, ob es zum
Beispiel eine freundliche oder abweisende Wand ist, beim Abstieg bestätigen
oder relativieren.
Um eine Tour als „rundes Gesamterleben“ erfahren zu können, hängt viel
davon ab, wie sich die einzelnen Teilabschnitte zusammenfügen und ineinander
übergehen. Ist der Zu- oder Abstieg ein Kampf durch das Dickicht, die
Routenführung unklar, so wird man sie wohl mehr wie einen „eckigen“ Kreis
erleben. Ein Beispiel für ein rundes, flüssiges Erleben ist die Via „Luna
argentea“ an der Piramide Lakschmi. Hier leitet die letzte Seillänge über eine
leichte Platte direkt in den Abstieg über. Es kann ein runder Übergang vom
Ausstieg zum Abstieg erlebt werden. Im Gegensatz hierzu kann die Via
„Helena“ an der Parete San Paolo stehen. Hier ist der Ausstieg über einen
steilen Pfeiler, der auf einem „Gipfelpunkt“ abrupt endet.
Jede von mir angelegte Führe hat ihre eigenen unterschiedlichen
Charakteristiken und damit Erlebensweisen. Über allen steht die Idee eines
gedachten Kreises.
Zustieg
Abstieg
Klettertour
Am Zustiegs Weg
Das Klettern erfordert
die ganze Aufmerksamkeit
Der weite Blick über das Tal
Abstieg mit Rückkehr ins
Tal und den Aufgaben
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Gipfel
Pian dela paia, il Dain
Franz Heiß beim Zustieg zum
Coste dell`Anglone
Florian Kluckner in der via “Il canto
dell`Indria”, Coste dell` Anglone”
Franz Heiß am Ausstieg des
Coste dell`Anglone
Franz Heiß beim Abstieg vom
Coste dell`Anglone